Vergangenen Sonntag hatten wir die Möglichkeit, einen Dienst lang, die Crew von Martin 3 zu begleiten. Was wir so erlebt haben – das seht und lest ihr hier.
Zuerst die Kontrolle
Armin Reisinger ist Notfallsanitäter NKI und heute als HEMS-TC unterwegs. Der Oberösterreicher ist hauptberuflich bei der Berufsrettung Voestalpine in Linz tätig und fliegt regelmäßig am Martin 3. Als HEMS ist er der Assistent für den Notarzt, den Piloten, sowie für den Bergrettungstechnischen Teil verantwortlich. Die Arbeit für Armin beginnt jedoch schon vor den eigentlichen Einsätzen, denn noch vor Dienstbeginn checkt er alle Verbrauchsmaterialien und Medikamente die für die Versorgung Schwerverletzt- oder erkrankter Menschen benötigt werden.
Dr. Wolfgang Schweiger ist heute unser Notarzt an Bord, er ist Internist und Pneumologe am Klinikum Starnberg und bereits seit vielen Jahren als Notarzt, unter anderem bei der Martin Flugrettung tätig. Als Flugrettungsarzt hat die medizinische Verantwortung über den Patienten. Auch er hilft beim morgentlichen Check. Neben den Notfallrucksäcken müssen auch die medizinischen Geräte im Hubschrauber kontrolliert und gegebenenfalls nachgefüllt oder aufgeladen werden. Das übernimmt heute Wolfgang. Und auch eine andere wichtige Rolle übernimmt er. Den Weg zum Bäcker, doch warum das so wichtig ist, dazu später mehr.
Seilbergungen erfordern spezielles Equipment.
Wir wechseln den Schauplatz. Es geht raus zum Hubschrauber, den Andy Poyer, unser Pilot schon aus dem Hangar geschoben hat. Andy ist mit rund 13.000 Flugstunden einer der erfahrensten Piloten im Team und wird heute unsere MD902 steuern. Er war bereits in der ganzen Welt unterwegs und konnte Erfahrungen auf den diversesten Hubschraubern, unter anderem im SAR Bereich sammeln. Damit die Manschine auch klar für den Start ist, hat Andy am frühen morgen schon den Pre-Flight Check hinter sich gebracht und neben den Ölständen auch den Hubschrauber auf eventuelle Beschädigungen kontrolliert. Der Hubschrauber ist gut, somit können wir heute sicher starten.
Rund 60 mal im Jahr starten die Flugretter von Martin 3 zu Einsätzen im Gebirge, bei denen die Retter nicht in unmittelbarer Nähe des Patienten landen können. Für solche Fälle hält die Martin Flugrettung Equipment für Taubergungen bereit, um Arzt und Flugretter direkt zum Verletzten oder Erkrankten zu bringen.
Zur täglichen Routine gehört auch der Check dieser Bergeausrüstung. Sie umfasst das Variable Bergetau mit einer Seillänge von bis zu 60 Metern, sowie die Fixtaue (Fixe Seillängen) von rund 50 Metern. Auch der Check des Doppellasthaken und der notwendigen Sicherheitseinrichtungen gehören dazu.
Nachdem die Ausrüstung vollständig, und kontrolliert ist, meldet uns Armin, bei der Leitstelle einsatzbereit. Somit können wir nun jederzeit zu einem Einsatz alarmiert werden.
Doch bevor es losgeht, gibt es erstmal ein reichhaltiges Frühstück. Es ist das wichtigste Essen am Tag, erzählen die Flugretter, denn man weiß nie was der Tag bringt, und wann man wieder zum Essen kommt.
Erster Einsatz
So vergeht der Morgen, mit einem Kaffee und frischen Semmeln, einem kleinen Plausch und einer nochmaligen Einweisung für mich auf den Hubschrauber.
Kurz vor 10:00 wird die Crew von Martin 3 schließlich zum ersten Einsatz des Tages alarmiert.
Der Rettungsdienst hat am morgen einen Patienten ins Krankenhaus nach Bad Ischl gebracht. Dort wurde bei dem 75-jährigem ein Schlaganfall festgestellt.
Da das Krankenhaus Bad Ischl diesen Patienten nicht adäquat versorgen kann, und ein bodengebundener Transport mit dem Rettungswagen auf die nächstgelegene Stroke-Unit (Schlaganfallabteilung) zu lange dauern würde, wird der Notarzthubschrauber angefordert.
Nach wenigen Minuten Flug landet Cpt. Poyer den Hubschrauber sicher am Landeplatz des Klinikums wo die Crew bereits erwartet und zum Patienten gebracht wird. Direkt auf der Notfallambulanz übergibt der diensthabende Arzt den Patienten an die Hubschrauberbesatzung, welchen diesen monitorisiert und zum Hubschrauber bringt.
Über das Höllengebirge, vorbei an Bergspitzen geht es entlang dem Attersee bis nach Vöcklabruck. Noch am Dachlandeplatz wird der Patient an die dortigen Neurologen übergeben.
Für den Patienten war der Flug schonender und vor allem schneller, als mit dem Rettungswagen.
Nachdem die Maschine wieder fit für den nächsten Einsatz gemacht wird, fliegen wir retour zum Stützpunkt am Flugplatz Scharnstein.
Am Flugplatz Scharnstein angekommen steht erst einmal tanken am Programm. 860 Pfund Kerosin, das sind umgerechnet rund 390kg, werden in den Hubschrauber getankt. Damit können bei normalen Bedingungen cirka drei Einsätze geflogen werden. Das hängt natürlich von der Zuladung, dem Einsatzprofil und weiteren Parametern ab. Zudem werden manche Patienten auch in weiter entferne Kliniken gebracht werden, wo gegebenenfalls noch vor Ort, auf einem umliegenden Flugplatz, nachgetankt werden muss.
Es beginnt die Ruhige Phase. Glücklicherweise ist uns sogar das Mittagessen gegönnt. So freuen wir uns, dass unser Pilot nicht nur ausgezeichnete Flugkünste hat, sondern auch am Griller eine gute Figur macht.
Die Bäuche sind voll, so begeben wir uns vor den Hangar und genießen die Sonne. Am Flugplatz ist reges treiben, immerhin ist es einer der ersten schönen Sonntage in diesem Jahr.
Erneuter Einsatz für Martin 3
Um fast genau 16:00 beendet der Pieper die Stille des Nachmittages. Es geht um einen Kindernotfall in der Nähe des Stützpunktes, sodass Martin 3 als schnellstes Notarztmittel alarmiert ist. Gemeldet wird ein Säugling mit Atembeschwerden.
Cpt. Poyer kennt die Umgebung und steuert die MD902 direkt in Richtung des Notfallortes. Noch während des Anfluges sucht sich der Flugretter die Koordinaten des genauen Einsatzortes und eventuelle Landemöglichkeiten in unmittelbarer nähe heraus.
Nach nur kurzer Flugzeit ist der Notfallort in Sicht! Nach einer kleinen Runde über diesen, wird ein Landeplatz ausgemacht und der Hubschrauber punktgenau aufgesetzt.
Mit EKG, Notfall- und Kinderrucksack machen sich Flugretter und Notarzt auf dem Weg zum Patienten. Vor dem Haus steht bereits ein Rettungswagen des Roten Kreuzes, er ist kurz vor uns eingetroffen und versorgt bereits den kleinen Patienten. Er ist soweit stabil, war aber kurz blau angelaufen, als er sich wohl beim trinken verschluckt hatte. Dem Kleinen geht es soweit wieder gut, zur Abklärung geht es dennoch mit dem Hubschrauber ins Spital.
Mit dem Kind im Arm wird die Mutter auf die Trage gelegt und warm eingepackt. Dann geht es auch schon wieder los.
Die Turbinen werden gestartet und die Leistelle über die erwartete Eintreffzeit im Krankenhaus Wels in Kenntnis gesetzt.
Nach rund zehn Minuten Flugzeit landen wir am Dach des Klinikums Wels, wo bereits die Ärzte auf uns warten.
Nachdem die Rotoren stillstehen werden Mutter und Kind aus dem Hubschrauber gehoben, und an das Team des Krankenhauses übergeben. Nach einer kurzen Pause und einer kleinen Erfrischung geht es dann der untergehenden Sonne entgegen in Richtung Heimat. Aufgrund des Saharastaubes färbt sich der Himmel bereits in wunderschöne Farben.
Vorbereitungen für den Nächsten Tag
Nach der Landung am Stützpunkt sind nun einige Büroarbeiten fällig. Pilot Poyer trägt nun die Flugzeiten in das Logbuch ein, während der Notarzt Dr. Schweiger die Patientendaten in das Computersystem überträgt.
Die Dämmerung bricht herein, so beginnt die Mannschaft den Hubschrauber und den Stützpunkt für den nächsten Tag vorzubereiten. Die Mannschaftsräume werden gesäubert, und die Küche wieder auf Vordermann gebracht.
Gleichzeitig macht sich Cpt. Poyer erneut auf dem Weg zum Hubschrauber. Er kontrolliert nochmal den Hubschrauber, achtet auf Flüssigkeitsaustritt rund um die Turbine.
Zudem wird der Hubschrauber rundherum auf Beschädigungen überprüft, ebenso die fünf Blätter des Hauptrotors und die Schwenkgondel des NOTAR Systems.
(Die MD902 kommt übrigens komplett ohne Heckrotor aus – warum das so ist erklären wir hier)
Nachdem alles kontrolliert ist, ist es bereits Nacht. Die Einsatzzeit des Hubschraubers beendet, und so wird der Leitstelle das Dienstende gemeldet.
Als Nachtquartier steht dem Hubschrauber nun ein Platz im Hangar des Flugplatzes zur Verfügung. Mithilfe eines kleinen Traktors wird der Hubschrauber nun zu Dienstende sicher in den Hangar verbracht, wo er sicher auf den nächsten Einsatz wartet.
Der Tag war heute verhältnismäßig ruhig. 1041 mal hoben die Flugretter von Martin 3 im vergangenen Jahr ab! Martin 3 ist somit aus der oberösterreichischen Rettungslandschaft nicht mehr wegzudenken. Dennoch wird dieser Stützpunkt von der Politik noch immer nicht beachtet, und erhält keinerlei Subventionen! Manch ein Einsatz kann da schon zum richtigen Kostenfresser werden, wenn beispielsweise schon die Kosten der Medikamente die Einnahmen durch die pauschalierte Abrechnung der Krankenkasse übersteigen.
Nichtsdestotrotz sind die Flugretter von Scharnstein jederzeit gut gelaunt. Sie lieben Ihren Job, und Menschen in ihrer größten Not beizustehen.
Der Verein HeliRescue bedankt sich bei der gesamten Martin Flugrettung, insbesondere dem Geschäftsführer Roy Knaus für die Möglichkeit, die Crew einen Tag zu begleiten, und freut sich auf möglicherweise weitere spannende Dienste und Einsätze.
Wir wünschen: Glück ab, gut Land!