Vorgeschichte
Bereits 2019 kündigte der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil an, die Flugrettung im Burgenland ausschreiben zu wollen.
Neben dem bestehenden Stützpunkt im Süden des Landes, welcher derzeit vom Christophorus Flugrettungsverein betrieben wird (Christophorus 16), wolle man auch einen zweiten Stützpunkt im Norden etablieren.
Im Frühjahr 2022 war es dann endlich soweit. Im März startete die Ausschreibung für die Flugrettung im Burgenland. Ein Gesamtkonzept für beide Stützpunkte sollte vorgelegt werden.
So sollte der nördliche Stützpunkt, im 12km Radius um den Kirchturm von Gols errichtet, und bereits Anfang 2023 in Betrieb gehen.
Für den Stützpunkt in Oberwart, läuft noch bis 2025 ein Vertrag mit dem Land, ab dann solle der neue Vertrag gelten, und gegebenenfalls ein neuer Betreiber das Flugrettungsgeschäft übernehmen.
Harte Kritik
Doch aus der Inbetriebnahme des Stützpunktes in Gols wird es erstmal nichts.
Nachdem sich die Martin Flugrettung im ersten Vergabeverfahren gegen den einzigen Mitbewerber, die ÖAMTC Flugrettung klar durchgesetzt hatte hagelte es von Seiten der Opposition, als auch vom ÖAMTC harte Kritik.
In einem Brief an die burgenländischen ÖAMTC Mitglieder hieß es: „Man lag in 3 von 5 Punkten vor der Konkurrenz (der Martin Flugrettung) und man hat sich dennoch gegen uns (Christophorus Flugrettung) entschieden. „Ein minimaler Preisunterschied gab den Ausschlag – entgegen unserer anerkannten höheren Qualität.“
Nach insgesamt fünf Kriterien wurde in einem unabhängigem Verfahren der neue Betreiber bestimmt. Neben dem Treibstoffverbrauch und CO2-Außstoß, dem Personalkonzept, und der Ausrückezeit, waren vor allem auch die Gesamtkosten sowie die Verkürzung der Standortbereitstellung ausschlaggebend für die Entscheidung. Mit 87,67 von 100 möglichen Punkten gewann die Martin Flugrettung hier deutlich vor der Christophorus Flugrettung.
Einspruch
Im ÖAMTC Hauptquartier wollte man dieses Ergebnis nicht so einfach hinnehmen und stellte fristgerecht einen Antrag auf Nachprüfung beim Landesverwaltungsgericht.
Gesetzeskonform kam es in weiterer Folge auch zu dieser Nachprüfung, bei der die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Martin Flugrettung am 11.08.2022 für nichtig erklärt wurde.
Doch was war der Grund dafür?
Ein wesentlicher Punkt der Ausschreibung war, dass der Bewerber mindestens 3 Notarzthubschrauber in Österreich, oder einem anderem EU-Land, der Schweiz oder Großbritannien betreiben müsse. Mit Ihren acht Notarzthubschraubern in Tirol, Salzburg und Oberösterreich erfüllt die Heli-Austria mit Ihrer Tochterfirma Martin Flugrettung somit eigentlich auch diese Kriterien.
In der Nachprüfung der Unterlagen wurde durch das Landesverwaltungsgericht jedoch festgestellt, dass nicht die in der Bewerbung angeführte Martin Flugrettungs GmbH, sondern die Heli-Austria GmbH der rechtmäßige Halter der Notarzthubschrauber ist. Die Martin Flugrettung als Tochterfirma der Heli-Austria hält formal somit gar keine Hubschrauber.
Um diese Verbindung der beiden Firmen zu bestätigen, hätte man eine Patronatserklärung, eine Subunternehmererklärung/Verfügbarkeitserklärung oder einen ein solches Beherrschungsverhältnis
belegenden Firmenbuchauszug vorlegen müssen.
Ein kleiner Formalfehler, wie einige Juristen meinten, wäre doch mit einer einfachen Patronatserklärung das Problem gelöst gewesen.
„Somit hat die präsumtive Zuschlagsempfängerin den Nachweis der luftfahrtrechtlichen Genehmigung für den Betrieb von zumindest drei Notarzthubschraubern nicht erbracht. Daher hat sie ihre Eignung gemäß den Punkten 3.1. und 3.2.2. der Verfahrensverständigung und § 50 iVm § 51 BVergGKonz 2018 nicht nachgewiesen.“ Auszug S VNP/13/2022.002/019
Neue Ausschreibung und Einspruch die Zweite
Die Kritik ging weiter und so entschied sich das Land Burgenland, den Notarztrettungsdienst mit Notarzthubschrauber erneut auszuschreiben.
Doch dadurch wurden die Stimmen nicht leiser. Für die ÖAMTC Flugrettung (Christophorus Flugrettungsverein) war die Neuausschreibung nicht nachvollziehbar und völlig unverständlich.
„Das ist in etwa so, als würde man in Kitzbühel den vermeintlichen Sieger am Ganslernhang nach einem Torfehler disqualifizieren – und dann nicht dem Zweitplatzierten, der alles richtig gemacht hat, den Sieg zusprechen, sondern das gesamte Rennen wiederholen.“ meinte der Geschäftsführer der ÖAMTC-Flugrettung, Reinhard Kraxner.
Das Burgenland beharrte jedoch auf seiner Entscheidung und lud sämtliche Unternehmen nochmals ein, sich zu bewerben. Anwalt Casati, der das Vergabeverfahren für das Land Burgenland leitete teilte mit, dass beim zweiten Vergabeverfahren nun die Qualitätskriterien mehr Gewichtung haben, als bei der ersten Ausschreibung, denn auch dies war ein Vorwurf einiger Gegner der ersten Entscheidung.
Doch soweit sollte es gar nicht kommen. Abermals legte der Christophorus Flugrettungsverein Berufung ein und gewann.
Wie das Landesverwaltungsgericht feststellte, ist ein Wiederruf des ersten Vergabeverfahrens nicht zulässig und dieses weiterzuführen.
„Das Verbleiben nur eines Angebots, auf das sich Auftraggeberin in der angefochtenen Widerrufsentscheidung berufen hat, stellt somit weder einen gesetzlichen noch einen den Ausschreibungsbedingungen entsprechenden Widerrufsgrund dar. Somit ist das gegenständliche Vergabeverfahren fortzuführen, da ein dem Gesetz oder der Ausschreibung entsprechender Widerrufsgrund in der Widerrufsentscheidung nicht angeführt und ein solcher auch sonst nicht ersichtlich ist.“
Auszug S VNP/13/2022.003/012
ÖAMTC als stiller Sieger?
Nachdem die Martin Flugrettung aufgrund des (Formal?)Fehlers bereits aus dem Rennen ist, bleibt somit nur mehr die ÖAMTC Flugrettung für die Durchführung der Flugrettung im Burgenland.
Offiziell sei man in Vergabegesprächen mit dem ÖAMTC, hieß es zuletzt aus dem Büro des Landeshauptmannes. Wie es nun jedoch wirklich weitergeht ist noch unklar.
Sollte sich die ÖAMTC Flugrettung nun als stiller Sieger herauskristallisieren, ist es definitiv ein „Sieg“ mit Nachgeschmack.