Mit diesem neuen Beitragsformat beginnt unsere Serie „Blick über die Landesgrenze“ in welchem wir uns Stützpunkte und deren Rettungswesen im Ausland ansehen und einige Unterschiede zu den Österreichischen Gegebenheiten in der Flugrettung beleuchten.
Heute berichten wir über die Landesflugrettung in Südtirol und deren Stützpunkt des Notarzthubschraubers „Pelikan 2“ welcher sich auf dem Gelände des Krankenhauses von Brixen befindet.
Die Landesflugrettung Südtirol betreibt in Kooperation mit dem größten europäischen HEMS Unternehmen Babcock, drei Notarzthubschrauberstandorte in Bozen – Pelikan 1, Brixen – Pelikan 2, Laas – Pelikan 3 und in Kooperation mit der AIUT Alpin Dolomites einen weiteren saisonalen Hubschrauber in Pontives. Der neueste Standort „Pelikan 3“ in Laas wird derzeit nur saisonal eingesetzt, ähnlich dem Schema von Gallus 1, mit Überbrückungsstehzeiten zwischen Sommer- und Winterbetrieb
Stützpunkt, Hubschrauber und sämtliches Equipment der „Pelikan“ Hubschrauber wird von Babcock MCS Italia gestellt, das Personal und die Organisation über die Landesflugrettung und dem Weißen Kreuz Südtirol koordiniert. Als Einsatzmaschine kommt auf den Babcock Standorten die H145 (MBB BK117 D-2) mit Rettungswinde zum Einsatz. Die Maschine der AIUT Alpin Dolomites in Pontives ist derzeit eine H135 (EC 135 T3) mit Doppellasthaken und Rettungswinde. Hier ist kurz zu erwähnen das der heimische Christophorus Flugrettungsverein mit der AIUT Alpin kooperiert, wenn es um die Ersatzmaschine geht, da die OE-XVJ, ebenfalls eine T3, gemeinsam angeschafft wurde und saisonal zwischen Südtirol und Österreich wechselt.
Die Pelikan Helikopter unterscheiden sich in einigen Punkten wesentlich von den österreichischen Hubschraubern. Der HEMS Aufbau wird nicht wie im deutschsprachigen Raum üblich von Bucher oder AirAmbulanceTechnologies eingebaut sondern von der italienischen Firma Mecaer Aviation Group nach den Anforderungen der Landesflugrettung eigens erstellt und montiert. Des weiteren können in der H145 bei Bedarf 2 Patienten liegend geflogen werden. Das medizinische Equipment ähnelt dem System der heimischen Betreiber wobei hier die Landesflugrettung und Babcock die Anschaffung neuer Innovativer Geräte aktiv unterstützt und fördert.
Auch personell unterscheidet sich das System zu Österreich. Während in Österreich bei der 4-Mann Crew der Winch-Operator ausschließlich die Winde bedient und der Flugretter seinen Dienst als Notfallsanitäter direkt am Stützpunkt und Hubschrauber versieht, ist in Südtirol der Winch-Operator zusätzlich der technische Verantwortliche der Maschine. Er übernimmt z.B. auch den Daily Check des Fluggeräts bei Dienstbeginn, was üblicherweise in Österreich von den Piloten erledigt wird. Der Berg- bzw. Flugretter der 4-Mann Crew in Südtirol wird via Rendezvous vor Ort erst aufgenommen. Der Vorteil dieses Pickup-Systems liegt laut der Landesflugrettung in der erhöhten Sicherheit. Zu begründen ist dies dadurch, das immer Einsatzpersonal mit sehr guten Gebietskenntnissen des Einsatzortes an Bord ist.
Bei der Verrechnung und dem Betrieb ist das System nicht mit Österreich vergleichbar, da bei uns die privaten Betreiber direkt mit Kunden und Kasse verrechnen. Hier kommt es öfter vor das Stützpunkte nur knapp oder gar nicht rentabel fliegen, wenn es Einsatzeinbrüche, wie im letzten Jahr durch COVID, gibt. Außerdem ist es Landessache ob und wie die Abgänge abgegolten werden. In Südtirol wird jeder Einsatz bezahlt. Entweder direkt durch die Landesflugrettung, ansonsten über deren Partner oder den Versicherungen. Für Einwohner Südtirols besteht mittels einer jährlichen Zahlung eines geringen Betrags an den Landesrettungsverein Weißes Kreuz ein voller Schutz bei Kosten im Falle einer Bergung mittels Hubschrauber. Dies ähnelt unseren Versicherungen, die über Bergrettung oder Alpenverein abgeschlossen werden können, mit dem Unterschied, dass hier nicht nach Art des medizinischen Notfalls oder Unfalls unterschieden wird.
Wir bedanken uns bei der Landesflugrettung Südtirol und dessen Koordinator Oskar Zorzi für die Möglichkeit des Besuchs und der außerordentlich freundlichen Gastfreundschaft und den „Insight“ in deren Betriebswesen.